Auch Blinde dürfen als Heilpraktiker praktizieren

8. August 2011

Auch blinde Menschen dürfen als Heilpraktiker den Beruf ausüben, dies entschied das Verwaltungsgericht Berlin. In dem vorliegenden Fall hatte eine seit ihrer Kindheit blinde Frau eine Ausbildung zur Heilpraktikerin erfolgreich abgeschlossen, der behördliche Antrag auf Ausübung der Heilkunde nach dem Heilpraktikergesetz wurde vom Bezirksamt Berlin-Lichtenberg jedoch abgewiesen.

Augenschein nicht möglich

Das Amt begründete die Ablehnung damit, dass eine blinde Heilpraktikerin außerstande sei, die Patienten von Angesicht zu Angesicht zu betrachten und sie somit umfassend in Augenschein nehmen zu können. Die Ansicht des zuständigen Bezirksamtes teilten die Richter des Verwaltungsgerichtes nicht. Die Erlaubnis zur Ausübung der Heilkunde nach dem Heilpraktikergesetz dürfe nur verwehrt werden, wenn infolge eines körperlichen Leidens die für die Berufsausübung erforderliche Eignung nicht gegeben sei, dies sei im vorliegenden Fall jedoch nur zum Teil erfüllt, so die Verwaltungsrichter.

Besserer Tastsinn als Sehende

Die Richter schlossen sich in ihrer Urteilsbegründung der Ansicht der betroffenen Frau an, dass diese sehr wohl in der Lage sei, bestimmte Krankheitsbilder allein durch Abtasten zu diagnostizieren und entsprechend zu behandeln. Aufgrund der Sensibilisierung des Tastsinns sei dies sogar eher und besser möglich, als es bei einem Sehenden der Fall sei. Um die Bevölkerungsgesundheit zu sichern, sei es ausreichend die Erlaubnis auf solche Tätigkeiten zu beschränken, die die Betroffene ohne visuelle Wahrnehmung eigenverantwortlich ausüben kann, so die Richter in ihrer Urteilsbegründung.

Weitreichende Konsequenzen für Blinde

Der Urteilsspruch der Richter hat weitreichende Konsequenzen für erblindete Menschen. Diese konnten sich oftmals die Ausübung der Heilkunde nach dem Heilpraktikergesetz nicht vorstellen, das Berliner Urteil macht den Betroffenen nicht nur Mut, es folgt damit auch dem Gleichheitsgrundsatz aus Artikel 3 Absatz 3 Grundgesetz. Darin heißt es:“ Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden“. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin hat somit den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes eindrucksvoll unterstrichen. Das Urteil des Verwaltungsgerichtes trägt das Aktenzeichen (VG Berlin 14 K 31/10).

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